Belarus-Analysen

Ausgabe 34 (29.11.2017) — DOI: 10.31205/BA.034.02, S. 8–12

Das alternative Belarus und das marginalisierte Andere: Zu Ausgrenzungstendenzen im nationalkonservativen Lager der belarussischen Opposition

Von Filip Busau

Zusammenfassung
Der vorliegende Beitrag problematisiert das Bild der belarussischen Nation, das von der belarussischen politischen Opposition angeboten wird. Es handelt sich weniger um ein konkretes politisches Programm einzelner Parteien, sondern vielmehr um Umrisse eines Konzepts, die aus Stellungnahmen ihrer Anführer, Vertreterinnen und Vertreter ersichtlich werden. Dabei wird vor allem untersucht, wie sich einzelne Vertreter des sogenannten »Belarussischen Unabhängigen Blocks«, also des konservativen, national-christdemokratischen, mitte-rechts bis rechts orientierten Teils der Opposition, in Bezug auf Gruppen positionieren, die unter dem derzeitigen Regime in Belarus in besonderem Maße verschiedenen Formen von Diskriminierung ausgesetzt sind. Es soll aufgezeigt werden, dass diese Teile der Opposition hier denselben Leitlinien folgen wie die dominierenden politischen Strukturen im Land, denen sie sich entgegenstellen. Sie bieten damit keine Alternative zur Überwindung der in der belarussischen Gesellschaft vorhandenen Diskriminierungsmuster. Dies soll an Beispielen von Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität, des Geschlechts, der sogenannten ethnischen Herkunft sowie der Religion illustriert werden. Die in diesem Beitrag dargelegte kurze Analyse erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ist vorläufig. Sie sollte nicht als pauschales Urteil verstanden werden, dass alle Vertreterinnen und Vertreter der belarussischen Opposition die geschilderten Ansichten teilen würden.

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Lesetipps / Bibliographie

  • Astapova, Anastasiya: Political Biography. Incoherence, Contestation, and Elements of the Hero Pattern in the Belarusian Case. In: Journal of Folklore Research, 53.2016, Nr. 2, S. 31–62.
  • Bekus, Nelly: Struggle over identity. The official and the alternative Belarusianness. Budapest, New York: Central European University Press 2010.
  • Bekus, Nelly: Ethnic identity in post-Soviet Belarus. Ethnolinguistic survival as an argument in the political struggle. In: Journal of Multilingual and Multicultural Development, 35. 2014, Nr. 1, S. 43–58.
  • Ioffe, Grigory: Understanding Belarus and How Western Foreign Policy Misses the Mark. Lanham, Plymouth: Rowman & Liitlefield, 2008, S. 175.
  • Ioffe, Grigory: Reassessing Lukashenka. Belarus in cultural and geopolitical context. Houndmills: Palgrave Macmillan 2014.
  • Mamul, Natalia: Narrative Templates of Post-Soviet Identity in Belarus. In: Polish Sociological Review, 2009, Nr. 166, S. 229–249.
  • Rudling, Per A.: The Beginnings of Modern Belarus. Identity, Nation, and Politics in a European Borderland. In: The Journal of Belarusian Studies, 7.2015, Nr. 3, S. 115–127.
  • Shchurko, Tatsiana: Gender sector and civil society in post-Soviet Belarus. In: Valer Bulhakaŭ und Aliaksej Lastoŭski (Hg.): Civil society in Belarus 2000–2015. Collection of texts. Warszawa: East European Democratic Centre, 2015, S. 149.

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Durch den Fokus auf die politische Verfasstheit des Staates gilt Belarus als wenig dynamische Gesellschaft. Mit dieser Überblicksdarstellung über unterschiedliche Formen von Migration in, aus und durch die Republik Belarus möchten wir die Grundrisse einer Gesellschaft in Bewegung zeichnen. Anliegen dieses Textes ist es dabei einerseits eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Migrationsströme als Summe individueller Suchbewegungen darzustellen und in ein Verhältnis zu staatlichen Regulierungsmechanismen zu setzen. Die Relevanz von Belarus in der gesamteuropäischen Migrationskrise liegt darin, dass der Staat sowohl in Richtung der Europäischen Union Veränderungen an rechtlichen, wirtschaftlichen und politischen Migrationsregimen vornimmt, als auch innerhalb sowie an den Außengrenzen der Eurasischen Wirtschaftsunion die Durchlässigkeit der Grenzen steuern kann. Die Situativität dieser Regulierungen stellen wir anhand der Arbeitsmigration in Richtung Russland sowie anhand der Folgen des Krieges im Osten der Ukraine dar. (…)
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