Chronik der Parlamentswahlen 2012

25.10.2012

Die Zentrale Wahlkommission präsentiert das Internetportal vybory2012.gov.ua. Hier kann per Videoaufzeichnung das Geschehen in den Wahllokalen verfolgt werden.

28.10.2012

Rund 37 Millionen Wähler sind aufgerufen, bei der Parlamentswahl ihre Stimme abzugeben. Es treten 21 Parteien und 2600 Direktkandidaten an. Die Hälfte der Mandate wird nach Verhältniswahlrecht, die andere Hälfte nach Mehrheitswahlrecht in Einerwahlkreisen vergeben. U. a. die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton hatte die Wahlen zuvor als »Lackmustest für die Demokratie in der Ukraine« bezeichnet.

28.10.2012

Laut Angaben der Zentralen Wahlkommission liegt die Wahlbeteiligung bei durchschnittlich 57,98 %. Am höchsten war sie mit 67,12 % in der westlichen Region Lwiw, den geringsten Wert wies mit 49,45 % die Krim auf.

28.11.2012

Vertreter der Oppositionsparteien Vaterland, Freiheit, Front für Wandel und UDAR berichten von Störungen auf ihren Webseiten während der Stimmabgabe. Für die Hackerangriffe machen sie die Regierung verantwortlich. Ebenfalls gestört wird der Zugriff auf Onlineportale von Wahlbeobachterorganisationen wie »Opora« und des Ukrainischen Wählerkomitees. Insbesondere der Zugang zu Informationen über Kandidaten der Opposition sei blockiert gewesen.

29.10.2012

Das Wählerkomitee der Ukraine gibt an, dass es zwar Fälle von Wahlfälschung bei der Parlamentswahl gegeben habe, aber nicht systematisch gefälscht worden sei. Auch die GUS-Wahlbeobachtungsorganisation CIS-EMO spricht von einer »transparenten und demokratischen« Wahl. Das Europäische Netzwerk der Wahlbeobachtungsorganisationen ENEMO hingegen spricht von massenhaftem und systematischem Wahlbetrug.

29.10.2012

Die inhaftierte ehemalige Ministerpräsidentin Julija Tymoschenko tritt erneut in den Hungerstreik. Nach Angaben ihres Anwalts Serhij Wlasenko protestiert sie damit gegen die »unehrlichsten Wahlen seit der Unabhängigkeit der Ukraine«.

31.10.2012

Ministerpräsident Mykola Asarow lädt die Oppositionsparteien dazu ein, mit der Partei der Regionen im neu gewählten Parlament zu koalieren. Er wolle den ehemaligen Gegnern die Hand reichen. Die Parteien Freiheit, Vaterland und UDAR lehnen das Angebot umgehend ab.

31.10.2012

Die OSZE sowie die EU und die USA kritisieren den Verlauf der Parlamentswahlen als nicht den internationalen Standards entsprechend. Martin Schulz, der Präsident des Europaparlaments, nennt die Wahlen einen »Schritt zurück für die Demokratie im Land«. Der russische Präsident Wladimir Putin gratuliert der Ukraine zu einer ehrlichen und demokratischen Wahl.

1.11.2012

Der seit Dezember 2010 inhaftierte ehemalige Innenminister unter Julija Tymoschenko, Jurij Luzenko, hält die Wahlen für systematisch manipuliert. Im Unterschied zur ehemaligen Ministerpräsidentin Tymoschenko ruft er die Opposition jedoch dazu auf, im Interesse der demokratischen Entwicklung des Landes das neue Parlament anzuerkennen.

2.11.2012

In mehreren Wahllokalen verzögert sich die Auszählung der Stimmen zur Parlamentswahl sowie die Anfertigung der Protokolle, weil der jeweils unterlegene Kandidat Wahlmanipulation vermutet und auf eine Wiederholung der Auszählung drängt.

2.11.2012

Die Sondereinheit Berkut des Innenministeriums stürmt das Wahllokal 132 in der südukrainischen Stadt Mykolajiw, um Stimmzettel zu beschlagnahmen. Es kommt zu Handgreiflichkeiten und Tränengas wird eingesetzt. Vier Menschen kommen ins Krankenhaus.

5.11.2012

Die Zentrale Wahlkommission stellt fest, dass die Abstimmungen in den Einerwahlkreisen 94, 132, 194, 197, 223 nicht den rechtlichen Standards entsprochen haben. Am Folgetag empfiehlt das Parlament daraufhin der Wahlkommission die Wiederholung der Wahl in den entsprechenden Wahlkreisen. Wiederum am Folgetag erklärt die Zentrale Wahlkommission, dass eine Wiederholung der Wahl nur nach Änderung des Wahlgesetzes möglich sei.

Die Opposition sieht ihre Kandidaten als klare Sieger in diesen Wahlbezirken und hält eine Wiederholung der Wahl deshalb für überflüssig. Der Parteivorsitzende von UDAR, Witalij Klytschko, fordert eine Wiederholung der Wahl im ganzen Land. Arsenij Jazenjuk von der Vaterlandspartei kritisiert die Stimmauszählung in zwölf Wahlbezirken und fordert die Wahlkommission auf, die Wahlergebnisse deshalb nicht zu veröffentlichen.

5.11.2012

Vor der Zentralen Wahlkommission in Kiew finden Proteste gegen die Auszählung der Stimmen bei der Parlamentswahl statt, zu denen die Parteien UDAR, Vaterland und Freiheit aufgerufen hatten. Am Abend kommt es zu Handgreiflichkeiten zwischen den Demonstranten und der Spezialeinheit Berkut. Am Folgetag demonstrieren noch ca. 100 Menschen.

6.11.2012

Abgeordnete des Europäischen Parlaments erklären die Parlamentswahlen für weniger demokratisch als die vergangenen Wahlen. Trotzdem solle die EU weiterhin mit der Ukraine zusammenarbeiten, um ihre Demokratisierung voranzubringen, anstatt sie der »Oligarchisierung« auszuliefern, so der Europaabgeordnete Michael Gahler.

7.11.2012

Die Europäische Kommission, die NATO und einige europäische Staaten, darunter Deutschland und Schweden, äußern Kritik an der Verschleppung des Auszählungsprozesses.

7.11.2012

Präsident Wiktor Janukowytsch entlässt Witalij Trawjanko aus seinem Amt des stellvertretenden Leiters der Regionalverwaltung der Region Mykolajiw. Er war Kandidat für die Partei der Regionen im Wahlbezirk 223, einem der umstrittenen Bezirke, wo der Ausgang der Wahl zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt ist.

7.11.2012

Ministerpräsident Mykola Asarow bezeichnet die mögliche Wiederholung der Parlamentswahl als Bedrohung für die Demokratie im Land. Es sei zu keiner Art von Fälschungen gekommen und besser organisierte Wahlen habe es bisher in der Ukraine nicht gegeben. Außerdem habe das Land kein Geld für Nachwahlen.

11.11.2012

Die Zentrale Wahlkommission gibt die Wahlergebnisse bekannt. Von den 450 Mandaten erhält die Partei der Regionen 185, die Partei Vaterland 101, UDAR 40, Swoboda 37 und die Kommunistische Partei 32 Mandate. 7 Sitze gehen an Kandidaten anderer Parteien, 43 an selbst-aufgestellte Kandidaten. Die Mandate der Einerwahlkreise 94, 132, 194, 197, 223 werden bis auf Weiteres nicht vergeben, mit der Begründung, die Zentrale Wahlkommission habe hier kein Ergebnis ermitteln können.

12.11.2012

Generalstaatsanwalt Wiktor Pschonka erklärt, dass die Staatsanwaltschaft insgesamt neun Gerichtsverfahren wegen »Verletzungen des Wahlprozesses« eingeleitet habe, darunter auch im Kiewer Wahlkreis Nr. 223, in dem Wahlzettel für Direktkandidaten manipuliert worden sein sollen. In fünf der neun Fälle wird laut Pschonka wegen Stimmenkaufs ermittelt.

12.11.2012

Vor der Zentralen Wahlkommission protestieren mehr als 1.000 Menschen gegen die Fälschung der Wahlergebnisse.

12.11.2012

Die drei Oppositionsparteien Vaterland, UDAR und Freiheit veröffentlichen eine gemeinsame Stellungnahme, in der sie die Ergebnisse der Wahlen nicht anerkennen und gegen die Aberkennung der Ergebnisse der Einerwahlkreise 94, 132, 194, 197, 223 protestieren. Zudem erklären sie, sich wegen der Ernennung zweier Direktkandidaten an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wenden zu wollen. In den Wahlkreisen 11 und 14 waren Stimmzettel der oppositionellen Kandidaten für ungültig erklärt worden, was das Wahlergebnis zugunsten der Regierungspartei verschoben hatte.

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Zweieiige Zwillinge. PiS und Fidesz: Genotyp und Phänotyp

Von Kai-Olaf Lang
Die regierenden Parteien in Polen und Ungarn haben vieles gemeinsam. Beide streben einen neotraditionalistischen Umbau von Staat und Gesellschaft an. Demokratie verstehen sie als Mehrheitsherrschaft, das Mandat, das sie vom Volk an den Wahlurnen erhalten haben, soll nicht durch „checks and balances“ beschränkt werden. In der EU setzen PiS und Fidesz auf die Sicherung und den Ausbau nationalstaatlicher Hoheitsbereiche. Aufgrund außen- und europapolitischer Differenzen – insbesondere in der Sicherheits- und Russlandpolitik – ist allerdings keine nationalkonservative Achse in Ostmitteleuropa entstanden. (…)
Zum Artikel auf zeitschrift-osteuropa.de

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