Der Staat als Eigentümer

In der sowjetischen Planwirtschaft waren die Unternehmen der Erdöl- und Erdgaswirtschaft lange Zeit von einem gemeinsamen Ministerium verwaltet worden. Nach dem Ende der Sowjetunion ging die Entwicklung der Eigentümerstruktur jedoch unterschiedliche Wege.

Die Erdgaswirtschaft wurde bereits 1989 fast vollständig in den staatlichen Konzern Gazprom überführt. Im Ergebnis erhielt Gazprom in Russland ein Monopol in den Bereichen Produktion, Transport und Export von Erdgas. In den 1990er Jahren wurde Gazprom teilprivatisiert. Der Staat behielt jedoch formal die Kontrolle über das Unternehmen. De facto schuf sich das alte Management aber Freiräume, die es u. a. auch für Unterschlagungen nutzte. Unter Präsident Putin wurde dann mit dem Wechsel des Managements die staatliche Kontrolle über den Erdgaskonzern wieder hergestellt. Aufgrund der Monopolstellung Gazproms dominiert der Staat im Bereich der Erdgasproduktion.

Die Vormachtstellung Gazproms wird jedoch durch die dynamische Entwicklung von unabhängigen Produzenten, sowohl neugegründeten Privatunternehmen als auch Erdölfirmen, die assoziiertes Gas vermarkten, schrittweise reduziert. Im Ergebnis ist der Anteil Gazproms und damit auch der des Staates an der Erdgasproduktion seit Ende der 1990er Jahre langsam aber stetig zurückgegangen. Während er 1998 noch bei 94 % lag, betrug er 2009 nur noch 79 %.

Die Erdölwirtschaft hingegen wurde Mitte der 1990er Jahre weitgehend privatisiert. Bis 1995 hatten Ölkonzerne, die sich mehrheitlich im Staatsbesitz befanden, noch einen Anteil von 80 % an der russischen Erdölproduktion. Durch die Privatisierungsauktionen Ende 1995 ging die Mehrheit an drei großen Ölkonzernen (Jukos, Sidanko und Sibneft) an private Investoren, die sogenannten Oligarchen. Lukoil gelangte durch die Privatisierung unter die Kontrolle seines Managements. In den folgenden Jahren wurden weitere staatliche Ölbetriebe privatisiert, die alle von privaten russischen Ölkonzernen übernommen wurden.

Als der Privatisierungsprozess in der russischen Erdölwirtschaft im Jahre 2002 abgeschlossen war, verblieben noch drei Unternehmen im Staatsbesitz. Rosneft mit einem Anteil von etwa 14 % an der russischen Erdölförderung gehörte dem föderalen Zentrum. Tatneft und Baschneft mit einem gemeinsamen Anteil von 9 % an der russischen Produktion gehörten der Regionalverwaltung von Tatarstan bzw. Baschkortostan.

Mit der Jukos-Affäre setzte 2005 eine Trendwende ein. Im Zuge der Affäre übernahm das staatliche Erdölunternehmen Rosneft de facto den Jukos-Konzern. Ziel war es offensichtlich, mit Rosneft eine starke nationale Erdölfirma zu schaffen. Gleichzeitig entwickelte Gazprom Ambitionen auf einen Einstieg in die Erdölwirtschaft. Da es bei Jukos nicht den Zuschlag erhielt, erwarb es stattdessen Sibneft, welches anschließend in Gazprom Neft umbenannt wurde. Die beiden Übernahmen erhöhten den Staatsanteil an der Erdölproduktion 2005 auf 34 %.

Viele Beobachter sahen damit das Ende der privaten Erdölkonzerne in Russland eingeläutet. Ausländische Investoren wurden in den folgenden Jahren zurückgedrängt und die staatlichen Ölfirmen wurden bei der Vergabe von Förderlizenzen bevorzugt, was ihren Anteil an der Erdölproduktion bis 2008 auf 39 % erhöhte. Trotz aggressiver Rhetorik und administrativer Schikanen blieben jedoch die privaten russischen Erdölfirmen bestehen. 2009 wurde dann Baschneft von der Regionalverwaltung Baschkortostans an die Moskauer Investmentfirma AFK Sistema verkauft, womit der Staatsanteil an der Erdölproduktion zum ersten Mal seit 2004 wieder rückläufig war.

Heiko Pleines, Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen

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