Politische Grundstimmungen und Wählerverhalten

Von Alexander Tschepurenko

Zusammenfassung
Die Ergebnisse der Dumawahlen haben einen Teil der intellektuellen „Eliten“ in Russland und viele Experten im Ausland überrascht. Indes erlaubt eine Einbeziehung der tiefgreifenden Veränderungen der Sozialstruktur, der Werte und Einstellungen der Bevölkerung zum einen eine nüchterne Bewertung des Wahlergebnisses und zum anderen zumindest eine mittelfristige Prognose künftiger Entwicklungen. Eine solche umfassendere Analyse lässt vor allem erkennen, dass sich die soziale Basis der Reformen in Russland wenigstens zwei Mal geändert hat. Die derzeitige politische Führung sieht ihre soziale Basis in erster Linie in der staatlichen Bürokratie, die mittlerweile einen großen Teil der Mittelschicht stellt. Diese Entwicklung hat zur Folge, dass die klassischen liberalen Werte immer weniger Anhänger finden. Der Anteil derjenigen, die für eine verstärkte Rolle des Staates in der Wirtschaft, für eine im Wesentlichen paternalistische Sozialpolitik und für eine äußerst instrumentale Interpretation der Demokratie (Demokratie als Mittel und nicht als Ziel der gesellschaftlichen und politischen Entwicklung) eintreten, nimmt wieder zu.

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Artikel

Zweieiige Zwillinge. PiS und Fidesz: Genotyp und Phänotyp

Von Kai-Olaf Lang
Die regierenden Parteien in Polen und Ungarn haben vieles gemeinsam. Beide streben einen neotraditionalistischen Umbau von Staat und Gesellschaft an. Demokratie verstehen sie als Mehrheitsherrschaft, das Mandat, das sie vom Volk an den Wahlurnen erhalten haben, soll nicht durch „checks and balances“ beschränkt werden. In der EU setzen PiS und Fidesz auf die Sicherung und den Ausbau nationalstaatlicher Hoheitsbereiche. Aufgrund außen- und europapolitischer Differenzen – insbesondere in der Sicherheits- und Russlandpolitik – ist allerdings keine nationalkonservative Achse in Ostmitteleuropa entstanden. (…)
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Analyse

Die Linke in Russland und der Krieg in der Ukraine

Von Seongcheol Kim
Die Positionen linker Gruppierungen in Russland zum russischen Aggressionskrieg gegen die Ukraine reichen von propagandistischer Unterstützung bis hin zur prinzipiellen Ablehnung. Dabei haben sich auch unter Mandatsträger*innen der auf Führungsebene die Kreml-Linie mittragenden Kommunistischen Partei (KPRF) vereinzelte Stimmen gegen die Invasion bemerkbar gemacht. Die etwas ambivalentere Haltung der Vereinigung Linksfront (LF) zeugt vom Versuch, bei weitgehender Vermeidung von Antikriegsbotschaften die Forderung nach sozioökonomischer Transformation zuzuspitzen, was aber für sozialprotektionistisch angehauchte Kooptationsversuche durch den Kreml durchaus anfällig ist.
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