Die Kommunalwahlen 2024 – fast nur Gewinner

Von Adam J. Jarosz (Wirtschaftshochschule Warschau (SGH))

Zusammenfassung
Am 7. April 2024 fanden zum neunten Mal in der Geschichte der Dritten Republik Polen die Kommunalwahlen statt. Gewählt wurden die Abgeordneten der Regionalparlamente (sejmik) sowie die Räte der Landkreise, Kreisstädte und Gemeinden. Die größten Parteien konnten ihre Unterstützung aufrechterhalten. Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS) hat die Führungsposition verteidigt, der Bürgerkoalition (Koalicja Obywatelska – KO) gelang es nicht, die Hauptkonkurrenten hinter sich zu lassen, der Dritte Weg (Trzecia Droga) stärkte sein neues Kooperationsformat und die Linke (Lewica) wurde auf regionaler und lokaler Ebene an den Rand gedrängt. Im Wahlkampf dominierten lokale Themen; an einigen Orten kam es zu großen Überraschungen.

Die längste kommunale Wahlperiode in der Geschichte

Die kommunale Wahlperiode 2018–2023 war die bisher längste in der Geschichte, denn infolge von Gesetzesänderungen im Jahr 2018 wurde sie auf fünf Jahre verlängert. Dies hing damit zusammen, dass die Amtsperioden der Ortsvorsteher, Bürgermeister und Stadtpräsidenten auf maximal zwei begrenzt wurden. Im Rahmen der Debatte darüber wurde festgelegt, dass es notwendig ist, dann die Amtszeit zu verlängern, da die betreffende Person nur ein Mal wiedergewählt werden kann. Auf diese Weise soll ermöglicht werden, eine Politik mit langfristiger Perspektive, Entwicklungsmaßnahmen und lokalen Investitionen zu betreiben. Außerdem wurde die letzte Wahlperiode zusätzlich um ein halbes Jahr verlängert, um zu vermeiden, dass der Wahlkampf für die Parlamentswahlen (Oktober 2023) und die Kommunalwahlen gleichzeitig stattfinden. Das hätte die Organisation der Wahlen, die Vorbereitungen der Wahlkommissionen und die Stimmauszählung erschwert, außerdem den Parteien und politischen Gruppierungen Schwierigkeiten bereitet, ihren Wahlkampf zu machen, sowie auch denjenigen Politikern, die planten, in beiden Wahlen anzutreten. Im September 2022 verabschiedete der Sejm mit den Stimmen der nationalkonservativen Regierungskoalition Vereinigte Rechte (Zjednoczona Prawica) ein Gesetz, das die Wahlperiode um ein weiteres halbes Jahr, bis zum 30. April 2024, verlängerte, wodurch sie insgesamt fünfeinhalb Jahre dauerte. Die damalige Opposition wie auch viele Experten übten scharfe Kritik an diesem Vorgehen. Der Senat, in dem die Opposition die Mehrheit stellte, sprach sich dafür aus, das Gesetz in Gänze abzulehnen.

Der Wahlkampf und die politische Situation

Unter diesen Umständen waren die Kommunalwahlen in einer dichten Abfolge mehrerer Wahlen eingebettet. Im Oktober 2023 hatten die Parlamentswahlen stattgefunden, im April 2024 wurden die Kommunalwahlen durchgeführt und alsbald wird im Juni das Europäische Parlament gewählt. So kam es, dass der Wahlkampf teilweise von anderen Ereignissen überlagert wurde, er war kürzer und deutlich emotionsloser als vorangegangene Wahlkämpfe und konzentrierte sich außerdem v. a. auf lokale Angelegenheiten. Der größere Kontext des Wahlkampfes war die Wende, die am 15. Oktober mit den Parlamentswahlen eintrat. Auch wenn die PiS insofern den Wahlsieg einholte, als sie die meisten Stimmen erhalten hatte, hat sie die Regierungsmacht verloren, weil es ihr nicht gelang, eine Koalition zu bilden. Zwar wurde für zwei Wochen eine Regierung unter PiS-Ministerpräsident Mateusz Morawiecki berufen, aber das Parlament verweigerte ihr das Vertrauen und sie wurde entlassen. So konnten anschließend die KO, der Dritte Weg und die Linke eine gemeinsame Regierung bilden. Die neue Koalition setzte sich zum Ziel, die Rechtsstaatlichkeit wiederherzustellen, eine Reform der öffentlichen Medien durchzuführen, die Beziehungen zur Europäischen Union zu verbessern und die Vorgängerregierung zur Rechenschaft zu ziehen.

Die von der neuen Regierungskoalition ergriffenen Maßnahmen zogen erneut eine starke Polarisierung der Gesellschaft nach sich. Sehr große Kontroversen rief die Übernahme der öffentlichen Medien hervor, die ohne rechtliche Grundlage durchgeführt wurde und überdies mit der zeitweiligen Abschaltung von Fernsehkanälen (v. a. TVP Info) einherging. Eine zweite große Kontroverse löste die Inhaftierung der PiS-Abgeordneten Mariusz Kamiński und Maciej Wąsik aus, die ein Gericht wegen Amtsmissbrauchs während ihrer Dienstaufsicht über die Geheimdienste (sog. »Boden-Affäre«) rechtskräftig verurteilt hat. Beide Politiker waren allerdings einige Jahre zuvor von dem der PiS nahe stehenden Präsidenten Andrzej Duda im selben Fall bereits begnadigt worden, was jedoch als nicht rechtskonform bewertet wurde, weil das Gerichtsurteil zum Zeitpunkt der Begnadigung noch nicht rechtskräftig gewesen war. Sejmmarschall Szymon Hołownia entschied nun, dass das Abgeordnetenmandat der beiden Politiker erlöscht, und leitete ihren Einspruch an die Kammer für Arbeit und Sozialversicherungen des Obersten Gerichtes weiter. Diese gab die Angelegenheit an die Kammer für Außerordentliche Kontrolle und Öffentliche Angelegenheiten weiter, welche den Einspruch Wąsiks anerkannte und das Urteil fällte, dass er weiter Abgeordneter ist und ihn die Immunität schützt. Ähnlich und doch anders verlief es im Fall Kamiński; beide Parlamentarier hatten gleichzeitig ihren Einspruch bei der Kammer für Außerordentliche Kontrolle und Öffentliche Angelegenheiten eingelegt. Allerdings wies der Richter der Kammer für Arbeit und Sozialversicherungen Kamińskis Einspruch ab und stellte fest, dass das Urteil der Kammer für Außerordentliche Kontrolle und Öffentliche Angelegenheiten kein Urteil und nicht verbindlich ist, da diese Kammer von einem Teil der Rechtsexperten als nicht verfassungsgemäß angesehen wird: Die rechtsprechenden Richter dieser Kammer wurden nicht ordnungsgemäß berufen, d. h. vom Landesjustizrat, dessen Richter der Sejm gewählt hatte. Zusätzliche Emotionen kamen auf, weil die Verhaftung der beiden Parlamentarier im Präsidentenpalast stattfand, den die Polizei während der Abwesenheit des Präsidenten betrat.

Die Übernahme der öffentlichen Medien und die Inhaftierung der beiden PiS-Abgeordneten lösten große Proteste und Demonstrationen mit vielen Teilnehmern aus. PiS-Politiker warfen der Regierung Verfassungsbruch, Willkür und die Anarchisierung des gesellschaftlichen Lebens vor, hinzu kam der Vorwurf, dass es zum ersten Mal seit 1989 wieder politische Gefangene in Polen gebe. Auch Präsident Duda protestierte entschieden und sprach vom »Terror der Rechtsstaatlichkeit«. Letztlich begnadigte er Kamiński und Wąsik erneut, allerdings blieben ihnen ihre Abgeordnetensitze verwehrt. Nicht weniger kontrovers waren die Veränderungen in der Staatsanwaltschaft, die Justizminister Adam Bodnar vollzog. Er berief den geschäftsführenden Landesstaatsanwalt Jacek Bilewicz und entließ dafür Dariusz Barski, der von Bodnars Vorgänger Zbigniew Ziobro berufen worden war, aus seinem Amt. Dabei ignorierte Bodnar eine Gesetzesvorschrift, dass ein solcher Schritt mit dem Präsidenten konsultiert werden muss. Bodnar begründete den Schritt mit der fehlerhaften Berufung Barskis durch Ziobro, denn er war aus dem Ruhestand zurückberufen worden, was nach Meinung Bodnars nicht rechtskonform war (diese Frage soll letztendlich das Oberste Gericht entscheiden). Auch diese Angelegenheit rief große Emotionen und Proteste unter den PiS-Politikern hervor; die neue Regierung wurde von ihnen und PiS-nahen Medien als »Koalition des 13. Dezember« bezeichnet. An diesem Tag wurde die Regierung von Ministerpräsident Donald Tusk (KO) vereidigt, ein Datum dass die Einführung des Kriegszustands in Polen 1981 in Erinnerung ruft.

Weitere Themen, die während des Wahlkampfes diskutiert wurden und das Thema Kommunalwahlen in den Hintergrund drängten, waren die Sejmdebatten über die Liberalisierung des Abtreibungsrechtes und der Streit über dieses Thema innerhalb der neuen Regierungskoalition zwischen der Linken (die sich für Abtreibungen bis zur zwölften Schwangerschaftswoche aussprach) und dem Dritten Weg (der für die Rückkehr zum »Abtreibungskompromiss« aus der Zeit vor dem Urteil des Verfassungstribunals von 2020 oder für ein Referendum in dieser Frage war). Außerdem protestierten ähnlich wie in anderen Staaten der Europäischen Union auch in Polen die Bauern massenhaft gegen die Einführung des Europäischen Green Deal und führten wiederholt auch mehrtägige Straßenblockaden durch. Befürchtungen und Kritik riefen zudem die Signale der Regierung hervor, sich von den Plänen des Baus eines zentralen Verkehrsknotenpunktes in Polen abzuwenden (es handelt sich dabei um einen großen Flughafen zwischen Lodz (Łódź) und der Hauptstadt zusammen mit einem Netz schneller Schienenverbindungen) und den Bau von Kernkraftwerken zu verzögern. Sehr präsent waren im öffentlichen Diskurs außerdem Fragen der Sicherheit und Angelegenheiten im Zusammenhang mit dem russischen Krieg in der Ukraine.

In diesem Kontext trat der kommunale Wahlkampf in den Hintergrund, obgleich die Parteien Wahlversammlungen organisierten und führende Politiker ihre lokalen Akteure unterstützten. Die KO baute ihre Narration um die Beendigung des Kampfes mit dem »Schlechten« herum auf, das in der Rhetorik ihres Ministerpräsidenten Donald Tusk die PiS sei. Der zweite führende Akteur der KO und Gesicht des Wahlkampfes war der Stadtpräsident von Warschau, Rafał Trzaskowski. Er unterstrich, dass die Ära des Populismus beendet werden solle und die Niederlage der PiS in den Kommunalwahlen zum Zusammenbruch dieser Partei führen werde. Darüber hinaus thematisierte er seine Errungenschaften in Warschau; eine der spektakulärsten war eine Überführung für Fußgänger und Radfahrer über die Weichsel. Die Politiker der KO gaben sich als Garanten für die Zusammenarbeit zwischen der Regierung und den Kommunen aus sowie für die Stärkung Letzterer, insbesondere in finanzieller Hinsicht. Betont wurde die pro-europäische Haltung der KO, was ihre Wähler mobilisieren sollte, zur Wahl zu gehen, damit die KO-Politiker die Regierungsverantwortung in allen Regionen und in einer größtmöglichen Anzahl von Städten und Ortschaften übernehmen können. Der Wahlslogan der KO lautete »Polen in unseren Herzen«, was mit dem Logo in Form eines Herzen korrespondierte.

Die Wahlkampfparolen der PiS hießen »Wir sind auf Ja eingestellt« und »Lasst uns zusammenstehen – lasst uns gemeinsam bauen«. Die PiS fokussierte sich darauf, über Entwicklung im Sinne einer gleichmäßigen Entwicklung des ganzen Landes (nicht nur der Großstädte, sondern auch der kleineren Städte und Orte) zu sprechen sowie über die Notwendigkeit kleiner Investitionen auf lokaler Ebene, und erneuerte ihre Forderung, die Plattenbausiedlungen zu revitalisieren. Die PiS-Politiker sprachen außerdem von der Notwendigkeit, große Projekte zu realisieren, wie das bereits genannte große Infrastrukturprojekt, Atomkraftwerke, den Ausbau des Außenhafens in Swinemünde (Świnoujście), die Regulierung der Oder u. a. und verwiesen dabei auf die dynamische Entwicklung des Landes während ihrer Regierungszeit. PiS-Chef Jarosław Kaczyński präsentierte seine Partei als Garant der Freiheit und des Schutzes vor schädlichen Ideologien; ihre Stütze seien die Kommunen. Er kritisierte das Regierungshandeln und warf der Regierung vor, nicht die polnischen Interessen zu vertreten, unwirtschaftlich zu handeln und nicht imstande zu sein, Geld für öffentliche Ausgaben zu generieren, weshalb Polen sich nicht entwickele. Weiter sprach er vom Verfassungsbruch und der Nichtbeachtung von Gesetzen durch die neue Regierung und verglich die Politik der KO mit dem Vorgehen eines »Diebes in der Nacht« und Betrug an der Gesellschaft. Außerdem äußerten sich die führenden PiS-Politiker negativ über die Europäische Union, insbesondere mit Blick auf den sog. Green Deal, und unterstrichen in diesem Zusammenhang die große Rolle der Investitionsprogramme für die Kommunen und die erheblichen Mittel, die unter der PiS-Regierung für Investitionen vergeben worden waren.

Der Bündnis Dritter Weg wollte seine Position als Partei der Mitte stärken, das »Duopol« von PiS und KO aufbrechen und sich als neue Qualität in der polnischen Politik präsentieren. Insbesondere der Fraktion von Szymon Hołownia, Parteichef von Polen 2050 (Polska 2050), lag daran, sich einen Rückhalt in den Städten aufzubauen. Die Polnische Bauernpartei (Polskie Stronnictwo Ludowe – PSL) wiederum wollte ihre starke lokale Stellung in den Landgemeinden und Kleinstädten bestätigen. Der Dritte Weg stellte »12 kommunale Zusagen« vor – er betonte die wichtige Rolle der Kommunen für die Entwicklung des Staates, versprach eine Reform der Finanzierung der Kommunen und stellte verschiedene Rezepte für die Krise in der Landwirtschaft und Vorschläge für lokale Unternehmer vor. Die führenden Köpfe des Bündnisses übten scharfe Kritik an den Politikern der PiS und ihrer Regierungszeit. Sie hoben Fragen der Sicherheit hervor, thematisierten die Notwendigkeit, ein Gesetz über den Zivilschutz zu verabschieden, und unterstrichen die Rolle der Kommunen in diesem Bereich.

Die Linke wählte den eingängigen Slogan »SMS – Schule, Wohnung, Krankenhaus« [poln. szkoła, mieszkanie, szpital; Anm. d. Übers.], hinter dem ein komplexes Programm stand. Es beinhaltete die Verbesserung der Unterrichtsbedingungen in der Schule zur besseren Unterstützung der Schüler, z. B. durch ein zusätzliches Kursangebot, in denen sie ihre Talente und Interessen entwickeln können. Außerdem wurde die Einführung kostenloser, gesunder Mahlzeiten in den Schulen genannt und gefordert, dass die Schule laizistisch sein soll. Die Politiker der Linken schlugen Programme für günstigen Wohnungsbau vor, insbesondere für junge Menschen, und orientierten sich dabei an Programmen, die in Wien realisiert wurden. Sie kündigten den Bau von 300.000 Wohnungen, die Bekämpfung des Leerstands und neue Wohnheimplätze an. Der dritte Themenbereich war die Entwicklung des Gesundheitssystems, wozu die Verbesserung der Betreuung älterer Menschen im Krankenhaus, der garantierte Zugang zu Spezialisten, legaler Schwangerschaftsabbruch und die Aufhebung der Möglichkeit der Gewissensentscheidung für Ärzte gehörten. Weiter thematisierte die Linke ihre proeuropäische Einstellung und die wichtige Rolle der Kommunen bei der Einsetzung der Gelder aus dem Landesaufbauplan, dessen von der EU eingefrorene Mittel die neue Regierung freisetzen konnte.

Die Konföderation (Konfederacja) verband sich in den Kommunalwahlen mit einer landesweit vertretenen Gruppierung, die Kommunalpolitiker vereinigt: Die Parteilosen Selbstverwalter (Bezpartyjni Samorządowcy) hatten 2023 bei den Parlamentswahlen 1,86 Prozent der Wählerstimmen erhalten. Ihren Wahlkampf gründete die Konföderation auf die Kritik am Establishment der PiS und der KO sowie an der ökologischen Politik der Europäischen Union. Sie unterstrich die Bedeutung der wirtschaftlichen Freiheit und Unabhängigkeit, entsprechend ihrem Slogan »Uns verbindet die Freiheit«. Ihr Programm »Kommunale Fünf der Konföderation« umfasste Forderungen wie Zerschlagung lokaler Seilschaften; den Stopp vorgeschriebener energetischer Gebäudesanierung; den Schutz des eigenen Hauses; Werbung für polnische, gesunde Lebensmittel; Importstopp für Lebensmittel aus der Ukraine und Zurückweisung des Europäischen Green Deal. Die Abweisung der EU-Klimapolitik sollte günstige Energie für die Kommunen garantieren. Eine wichtige Forderung war die Niederlassungsfreiheit – dahinter stand der Einspruch gegen die Idee der verdichteten »15 Minuten-Stadt« (als Ghettobildung bezeichnet), des sauberen Transports in den Städten und der Steuererhebung für Benzinautos. Stattdessen wurde für Erleichterungen für den Autoverkehr in den Städten mit Hilfe von Straßenerweiterungen und die Schaffung von Parkraum geworben.

Schließlich gab es auch noch eine regionale Wahlliste, die seit vielen Jahren eine wichtige Position in der Woiwodschaft Oppeln (województwo opolskie) einnimmt. Die Deutsche Minderheit (Mniejszość Niemiecka) entschied sich, bei diesen Wahlen unter dem Schirm der Schlesischen Selbstverwalter (Śląscy Samorządowcy) anzutreten. Die führenden Köpfe der Gruppierung unterstrichen auf diese Weise v. a. ihre regionale Verbundenheit und auch, dass insbesondere die jungen Akteure einen neuen Anstrich und eine breitere Ausrichtung des politischen Projektes wollen. Tatsächlich nimmt die deutsche Minderheit in der Region zahlenmäßig immer weiter ab und viele Personen geben auch die schlesische Nationalität an; hinzu kommt, dass die Gruppierung einen deutlichen Schlag durch die verlorenen Parlamentswahlen erlitten hat, in denen sie weder ein Abgeordneten- noch einen Senatorenmandat (zum ersten Mal seit mehr als 30 Jahren) erhielt. Das neue Projekt der Zusammenarbeit mit den Schlesischen Selbstverwaltern sollte die Multikulturalität der Region unterstreichen und auch andere Menschen einbeziehen als diejenigen, die ihre Zugehörigkeit zur deutschen ethnischen Gruppe erklären. Das Programm der Gruppierung konzentrierte sich v. a. auf die Entwicklung der Woiwodschaft Oppeln in verschiedenen Bereichen und die Entwicklung der Multikulturalität der Region.

Die Regionalparlamente – Wahlsieger PiS mit Machtverlust in einigen Regionen

Gewöhnlich sind es die Wahlen der Regionalparlamente, bei denen die Parteien die größte Rolle spielen. »Der Bericht über meinen Tod war eine Übertreibung« – mit diesem Zitat von Mark Twain begann PiS-Chef Jarosław Kaczyński seine Rede am Wahlabend gleich nach der Schließung der Wahllokale und der Veröffentlichung der Ergebnisse der Nachwahlbefragungen und kommentierte damit den Sieg seiner Partei. Die PiS gewann mit 34,27 Prozent, verbesserte damit leicht das Wahlergebnis von 2018 und erhielt ca. ein Prozent weniger Stimmen als in den Parlamentswahlen 2023. Die PiS hielt also ihre starke Position auf der politischen Bühne aufrecht und die Hoffnungen der Opposition, dass die PiS an den Rand gedrängt werden könne, erwiesen sich als deutlich übertrieben. Den zweiten Platz nahm mit 30,59 Prozent der Stimmen die KO ein, was ein um knapp vier Prozentpunkte besseres Ergebnis ist als bei den Kommunalwahlen 2018 und praktisch das gleiche wie in den letzten Parlamentswahlen 2023. Sein Wahlergebnis vom Oktober 2023 hielt auch der Dritte Weg (14,25 Prozent); er konnte seine Stellung als drittstärkste Kraft in der polnischen Politik festigen. Die Linke erlitt eine Niederlage; ihr Ergebnis von 6,32 Prozent liegt zwei Prozentpunkte niedriger als bei den Parlamentswahlen und hat zur Folge, dass sie eine marginale Bedeutung in den Regionalparlamenten spielen wird. Ähnlich ist es im Falle der Konföderation, die einerseits ihr Ergebnis der Parlamentswahlen wiederholte und 7,23 Prozent bekam, andererseits aber keine zusätzliche Prämie für die Vereinigung mit den Parteilosen Selbstverwaltern erhielt. Mit Blick darauf, dass die Konföderation allmählich ihre Präsenz ausbaut, ist dies ein wichtiger Schritt in Richtung Stärkung der Gruppierung auf der politischen Bühne. Lokale Gruppierungen erhielten insgesamt 7,34 Prozent, wobei drei von ihnen besondere Ergebnisse einfuhren: Die Schlesischen Selbstverwalter erhielten mit der Deutschen Minderheit das solide Wahlergebnis von 16,22 Prozent in der Woiwodschaft Oppeln, die Parteilosen Selbstverwalter, die in der Woiwodschaft Niederschlesien (woj. dolnośląskie) selbständig antraten, erhielten 10,55 Prozent und die Landesweite Selbstverwaltungskoalition (Ogólnopolska Koalicja Samorządowa), die sich infolge eines Bruchs bei den Parteilosen Selbstverwaltern gebildet hatte, erhielt 8,41 Prozent in der Woiwodschaft Westpommern (woj. zachodniopomorskie).

Von den 552 Mandaten der Regionalparlamente entfielen 239 auf die Kandidaten der PiS – ein Verlust von 15 im Vergleich zur letzten Kommunalwahl –, 210 Mandate auf die KO, das ist ein Zuwachs von 16, und 80 auf den Dritten Weg, d. h. zehn mehr als auf die PSL im Jahr 2018. Auf die Linke entfielen acht Abgeordnetensitze, also drei weniger als vor fünf Jahren. Die Konföderation holte sechs Sitze und die lokalen Listen erlangten neun Mandate, wovon fünf an die Schlesischen Selbstverwalter gingen, so viele wie vorher die Deutsche Minderheit erhalten hatte. Drei Mandate gingen an die Parteilosen Selbstverwalter (vorher sechs), und die Landesweite Selbstverwaltungskoalition erhielt ein Mandat. D. h. trotz des prozentual besseren Ergebnisses verlor die PiS mehr als ein Dutzend Mandate an die KO und den Dritten Weg.

Die PiS gewann in insgesamt sieben, die KO in neun Woiwodschaften. Dennoch wird die PiS wegen fehlender Koalitionsfähigkeit nur in vier Woiwodschaften die Regierungsverantwortung übernehmen, was ebenfalls ein Verlust ist, denn in der letzten Wahlperiode hatte sie sie in sechs Regionen inne. Die KO wird in der Woiwodschaft Pommern (woj. pomorskie) selbständig regieren und in acht Regionen den Dritten Weg als Koalitionspartner brauchen. In der Woiwodschaft Lodz (woj. łódzkie) wird auch die Linke zur Koalition notwendig sein und in der Woiwodschaft Oppeln der Dritte Weg und die Schlesischen Selbstverwalter. Ein Rätsel ist bisher noch die Woiwodschaft Podlachien (woj. podlaskie), wo die PiS 15 Sitze erhielt, die KO acht und der Dritte Weg sechs. Für die Mehrheit werden 16 Mandate gebraucht, so dass Stanisław Derehajło von der Liste der Konföderation zum Zünglein an der Waage wurde. Er ist ein populärer Lokalpolitiker, der vorher auf der Liste der Partei Verständigung (Porozumienie) gestartet war; diese hatte mit der PiS eine Koalition gebildet.

Die Wahlen in den Städten – Dominanz der KO und einige Überraschungen

Ähnlich wie auf Woiwodschaftsebene nehmen die Parteien in den Kreisstädten und kleineren Städten eine starke Position ein. Aufgrund der Direktwahl der Stadtpräsidenten stehen die Wahlen für den Stadtrat immer im Schatten des Wettbewerbs um das höchste Amt der Stadt. Wohl wissend, dass sie in den Großstädten nur mit einer geringen Unterstützung rechnen kann, hat die PiS hier den Wahlkampf vernachlässigt. Dafür kam es zu einigen interessanten Konkurrenzsituationen zwischen den Kandidaten der Regierungskoalition. Traditionell erregt der Kampf um die Position des Stadtpräsidenten in Warschau die meiste Aufmerksamkeit. Dieses Mal sollte die große Popularität von KO-Kandidat Rafał Trzaskowski bestätigt werden, der für den Start bei den Präsidentschaftswahlen 2025 vorgesehen ist. Große Hoffnungen auf ein gutes Wahlergebnis und den Einzug in die Stichwahl hegten auch die Politiker der Linken, die die beliebte Senatorin Magdalena Biejat aufstellten. Die PiS zog mit dem jungen und dynamischen Kandidaten Tobiasz Bocheński ins Rennen, ehemaliger Woiwode der Region Lodz sowie Masowien (woj. mazowsze), der ebenfalls sein Potential mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen testen wollte.

Zum interessantesten Wettbewerb kam es jedoch in Krakau (Kraków), wo der seit 2002 amtierende Stadtpräsident Jacek Majchrowski das Ende seiner politischen Karriere verkündet hatte, was den Wettkampf um die zweitgrößte polnische Stadt eröffnete. Anführer der ersten Umfragen war Łukasz Gibała, ehemaliger Abgeordneter der Bürgerplattform (Platforma Obywatelska – PO) und der Palikot-Bewegung (Ruch Palikota), der nun als unabhängiger Kandidat im Rennen war. Die KO stellte den Abgeordneten Aleksander Miszalski auf und die PiS ihren Abgeordneten und ehemaligen Woiwoden von Kleinpolen (woj. małopolskie), Łukasz Kmita. Der zweite interessante Wettkampf fand in Breslau (Wrocław) statt, wo der stark in der Kritik stehende amtierende Präsident Jacek Sutryk mit einer eigenen Liste und Unterstützung der KO und der Linken startete. Mit ihm konkurrierten Izabela Bodnar (Dritter Weg) und Łukasz Kasztelowicz (PiS).

In den übrigen Großstädten waren die Wahlen eher ein Volksentscheid über die Unterstützung für die amtierenden Präsidenten, und die Chance auf einen Wechsel war verschwindend gering. Die Stadtpräsidenten erfreuen sich hier einer großen Popularität und üben ihr Amt seit mehreren Wahlperioden aus, manche sogar seit Jahrzehnten, z. B. Wojciech Szczurek seit 1998 in Gdingen (Gdynia). Sehr populär war beispielsweise die Favoritin in Danzig (Gdańsk), Aleksandra Dulkiewicz, eine enge Mitarbeiterin von Paweł Adamowicz, die nach dessen Ermordung 2019 zum Stadtoberhaupt gewählt worden war. In Lodz führte Hanna Zdanowska, in Posen (Poznań) Jacek Jaśkowiak, Politiker, die auch im polnischen öffentlichen Diskurs präsent waren und die PiS-Regierung stark kritisierten, so dass sie als unabhängige, progressive Stadtpräsidenten galten, die für Demokratie und die Unabhängigkeit der Selbstverwaltung kämpfen. Auch in den Städten mittlerer Größe starteten starke Favoriten aus den Reihen der KO wie Tadeusz Truskolaski in Białystok oder Rafał Bruski in Bydgoszcz oder auch Krzysztof Żuk in Lublin, der von einer eigenen Wahlliste startete, aber mit der KO verbunden ist.

Nennenswert ist auch die Gruppe der parteilosen Präsidenten, die ebenfalls zu den Favoriten auf Mandatsverlängerung gehörten, z. B. Piotr Krzystek in Stettin (Szczecin), Marcin Krupa in Kattowitz (Katowice), Wojciech Szczurek in Gdingen, Michał Zaleksi in Thorn (Toruń), Janusz Kubicki in Zielona Góra oder Arkadiusz Wiśniewski in Oppeln (Opole). Zu diesem Kreis gehört auch Konrad Fijołek, der 2021 Stadtpräsident von Rzeszów wurde, nachdem der sehr beliebte und viele Jahre amtierende Tadeusz Ferenc zurückgetreten war. In zwei Städten war das Wahlergebnis nach dem Kandidaturverzicht der Präsidenten offen: In Kielce trat Bogdan Wenta nicht wieder an und um seinen Sitz konkurrierten Agata Wojda aus der KO und Marcin Stępniewski aus der PiS. In Olsztyn verzichtete Piotr Grzymowicz und kandidierten Robert Szewczyk aus der KO und Czesław Małkowski, der ehemalige Stadtpräsident, der für eine lokale Wahlliste stand und trotz eines Skandals vor einigen Jahren Popularität genoss (im Jahr 2008 wurde er mit Hilfe eines lokalen Referendums abberufen und im Jahr 2019 endgültig von einem Gericht frei gesprochen). Małkowski hatte bereits an den letzten Wahlen (2010, 2014, 2018) teilgenommen und jedes Mal im zweiten Wahlgang gegen Grzymowicz verloren.

Letztendlich konnten die meisten Favoriten ihre starke Position halten und gewannen schon im ersten Wahlgang. Rafał Trzaskowski (KO) siegte in Warschau überdeutlich, wenngleich sein Konkurrent Tobiasz Bocheński (PiS) mit über 23 Prozent ein beachtliches Ergebnis im liberalen Warschau einfuhr. Arkadiusz Wiśniewski in Oppeln hat mit über 75 Prozent seinen Gegner klar hinter sich gelassen, hohe Zustimmung mit gut 60 Prozent erhielten Marcin Krupa in Kattowitz und Piotr Krzystek in Stettin sowie Hanna Zdanowska in Lodz. Außerdem trugen Aleksandra Dulkiewicz in Danzig, Rafał Bruski in Bydgoszcz, Tadeusz Truskolaski in Białystok und Krzysztof Żuk in Lublin einen deutlichen Sieg im ersten Wahlgang davon.

Auch die Stichwahlen bedeuteten mit Ergebnissen zwischen 60 und 70 Prozent einen überzeugenden Sieg für die bisherigen Präsidenten Jacek Jaśkowiak in Posen, Jacek Sutryk in Breslau, Jacek Wójcicki in Gorzów Wielkopolski; etwas knapper fiel die Unterstützung für Konrad Fijołek in Rzeszów aus. Zu einer Überraschung kam es in Thorn und Zielona Góra, wo die langjährigen Stadtpräsidenten gegen ihre Kontrahenten aus der KO verloren. In Thorn verlor Michał Zaleski gegen Paweł Gulewski (65 Prozent) und in Zielona Góra Janusz Kubicki gegen Marcin Pabierowski (57,46 Prozent). In Olsztyn gewann Robert Szewczyk aus der KO, der Czesław Małkowski überholte, und in Kielce die KO-Kandidatin Agata Wojda gegen Marcin Stępniewski aus der PiS. Ein verbissener Kampf fand in Krakau statt, wo der von der KO ins Rennen geschickte Aleksander Miszalski mit 51,04 Prozent knapp vor Łukasz Gibała (48,96 Prozent) lag. Letzterem habe, kommentierten einige Experten, möglicherweise die Unterstützung der PiS vor dem zweiten Wahlgang geschadet. Kandidaten der KO gewannen auch in vielen anderen, kleineren Städten; insgesamt werden 42 Städte von KO-Präsidenten regiert werden.

Zu der größten Überraschung kam es jedoch in Gdingen, wo es für den parteilosen Wojciech Szczurek nicht zum zweiten Wahlgang reichte und Stadtpräsidentin die unabhängige Kandidatin Aleksandra Kosiorek wurde, die den KO-Kandidaten Tadeusz Szemiot hinter sich ließ. Nach diesen Wahlen wird die Dreistadt (Danzig, Zoppot, Gdingen) komplett von Frauen regiert, denn Präsidentin von Zoppot wurde Magdalena Czarzyńska-Jachim, die mit einer eigenen Wahlliste startete (sie hatte vorher mit dem populären Stadtpräsidenten Jacek Karnowski zusammengearbeitet). Ihr Mandat verteidigten auch die beiden bekanntesten mit der PiS verbundenen Präsidenten Lucjusz Nadbereżny in Stalowa Wola (72 Prozent) und Jakub Banaszek, der mit seiner eigenen Liste in Chełm kandidierte (52, 65 Prozent). Mit der PiS verbundene Kandidaten gewannen außerdem in Jastrzębie-Zdrój, Michał Urgoł, und in Siedlce, Tomasz Hapunowicz, der mit einer eigenen Liste in die Wahl ging. Von den Präsidenten, die die Linke repräsentierten, war Krzysztof Matyjaszczyk in Tschenstochau (Częstochowa) im zweiten Wahlgang erfolgreich; Präsidentin von Swinemünde wurde schon im ersten Wahlgang Joanna Agatowska mit eigener Wahlliste und in Wocławek wurde Krzysztof Kukucki Präsident, der zuvor erfolgreich die Pläne des Mietwohnungsbaus, eine der Hauptforderungen der Linken, realisiert hatte. Auch ein Kandidat der Konföderation hat die Wahl zum Stadtpräsidenten gewonnen – Patryk Marjan, der in Bełchatów mit einer eigenen Liste startete. Ein sehr ausgewogener Kampf fand in Gleiwitz (Gliwice) statt, wo Katarzyna Kuczyńska-Budka (die Ehefrau des Ministers Boris Budka) für die KO mit einem Plus von 540 Stimmen gegen den unabhängigen Kandidaten Mariusz Śpiewok gewann, der von dem in der Stadt sehr beliebten ehemaligen Präsidenten und aktuell Senator Zygmunt Frankiewicz unterstützt wurde (die Wahlliste hieß Koalition für Gleiwitz von Zygmunt Frankiewicz).

Ein Kandidat des Dritten Weges wurde in Legionów Stadtpräsident: Hier überwand Bogdan Kiełbasiński überraschend den langjährigen Präsidenten Roman Smogorzewski aus der KO. Seine Position bestätigte wiederum der Präsident von Ciechanów, Krzysztof Kosiński, der der einzige Kandidat war und eine Unterstützung von 81,45 Prozent der Stimmen erhielt (in einer solchen Situation kommt die Abstimmung einem Referendum gleich, bei dem für oder gegen einen Kandidaten gestimmt wird). Hier ist darauf hinzuweisen, dass die Gruppierung Dritter Weg stark unter den Ortsvorstehern und Bürgermeistern in den Landgemeinden und Kleinstädten vertreten ist.

Trotz der Gewinner in den Großstädten, die von Parteien aufgestellt worden waren, haben die unabhängigen Kandidaten die meisten (52) Posten erobert.

Festzustellen ist auch die Dominanz der KO in den Stadträten der Großstädte. In vielen Städten insbesondere in Westpolen hat die KO eine selbständige Mehrheit errungen (Warschau, Krakau, Lodz, Breslau, Posen, Danzig, Stettin, Kattowitz, Lublin, Białystok, Bydgoszcz, Thorn, Gorzów Wielkopolski, Zielona Góra). Die PiS erhielt in diesen Städten Ergebnisse über 20 Prozent, was zeigt, dass auch sie hier eine zahlreiche Wählerschaft hat. Bessere Ergebnisse erzielte die Gruppierung von Jarosław Kaczyński in den Städten in Ostpolen und in mittelgroßen Städten, wo sie häufig eine der beiden größten Fraktionen im Stadtrat stellt, wobei auch die KO hier eine solide Repräsentanz hat.

Die Landkreis- und Gemeindewahlen – der Sieg der PiS und lokaler Wahllisten

Auf Landkreisebene gewannen abermals lokale Wahllisten, die insgesamt eine Unterstützung von 39,57 Prozent und 2.241 von 6.170 Ratsmandaten erhielten. Von den landesweit antretenden Parteien erhielt die PiS die meisten Stimmen und Mandate – 29,94 Prozent und 2.080 Sitze. Die KO erlangte 1.056 Sitze in den Kreisräten bei einer Unterstützung von 16,21 Prozent und der Dritte Weg 12,30 Prozent und 716 Mandate. Die Linke bekam 0,96 Prozent der Stimmen und 36 Mandate, so viele wie die Schlesischen Selbstverwalter, wobei die Unterstützung für sie im Landesdurchschnitt nur 0,42 Prozent betrug. Die Konföderation und die Parteilosen Selbstverwalter besetzten fünf Sitze in den Kreisräten (0,60 Prozent). Wer in den einzelnen Landkreisen regieren wird, wird von der Koalitionsbildung vor Ort abhängen, denn die Regierung der Landkreise mit dem Amtsinhaber Kreisrat an der Spitze wird vom Gremium Kreisrat gewählt. Die Ergebnisse zeigen jedoch einen Verlust von 34 Mandaten für die PiS, einen großen Verlust für den Dritten Weg (236 weniger im Vergleich zum damaligen Ergebnis der PSL) und eine Katastrophe für die Linke (69 Sitze weniger und ihre Marginalisierung auf dieser Ebene) sowie eine deutliche Stärkung der KO mit einem Zuwachs von 330 Mandaten.

Auf der Gemeindeebene erhielten die deutliche Mehrheit der Sitze (32.508) erneut die lokalen Wahllisten, denen 63,33 Prozent der Wähler ihre Stimme gaben. Bei den Parteien erhielt die KO den größten Zuspruch – 15,68 Prozent, was 1.649 Mandate bedeutete. Die PiS erhielt mit 13,56 Prozent eine geringere Unterstützung, aber mit 3.069 fast zweimal so viel Sitze in den Gemeinderäten. Mehr Mandate als die KO erhielt auch der Dritte Weg: 1.909 bei 4,72 Prozent Wählerunterstützung. Die Linke bekam 1,59 Prozent und 86 Mandate und die Konföderation und Parteilosen Selbstverwalter 0,99 Prozent und 17 Mandate. Auf die Schlesischen Selbstverwalter entfielen 0,13 Prozent Unterstützung im Landesdurchschnitt und 178 Mandate.

Allerdings ließen sich keine Daten für die Aufteilung in städtische und ländliche Gemeinden sowie Großstädte eruieren; die angeführten Angaben beziehen sich also auf alle Gemeindekategorien. Hinzu kommt, dass ein Teil der Parteien lokale Wahlbündnisse bildete. Z. B. ging die PiS in Bydgoszcz eine Koalition mit der Konföderation und lokalen Gruppierungen unter dem Namen Wahlbündnis von Łukasz Schreiber – Byd­goszczer Rechte (KWW Łukasza Schreibera – Bydgoska Prawica) ein, die sich um den populären Abgeordneten und ehemaligen Minister gruppierte. Häufig, so auch im Falle Lublins und der Wahlliste von Krzysztof Żuk, bilden die Parteien bei den Kommunalwahlen eine lokale Liste und verbergen ihren Parteinamen z. B. hinter dem des starken Anführers. Die genaue Bestimmung der tatsächlichen Position der jeweiligen Partei auf der Landkreis- und Gemeindeebene ist daher sehr schwierig. Die hier vorgestellten Ergebnisse geben einen Überblick, zeigen dabei aber auch einen allgemeinen Trend auf: Die KO ist v. a. die Partei der Städte, insbesondere der großen und der mittleren. Die PiS dagegen baute sich eine starke Position auf dem Land auf, wo sie folglich den Dritten Weg verdrängt, besonders den PSL-Anteil. Zusammenarbeit mit lokalen Gruppierungen nahm auch die Konföderation auf, die zwar nicht allzu viele Mandate in den Kreis- und Gemeinderäten erlangte, aber ihre Strukturen in der Fläche stärken konnte, was gerade für kleinere Parteien Schlüsselbedeutung hat.

Mit den schwachen Strukturen in der Fläche und der niedrigen Mitgliederzahl der polnischen Parteien lassen sich regelmäßig die hohen Ergebnisse der lokalen Wahllisten erklären. Auf der anderen Seite begünstigt solche Ergebnisse auch die Wahlordnung, insbesondere bei Gemeinden bis zu 20.000 Einwohner, deren Ratsmitglieder in Ein-Mandatskreisen gewählt werden. Das hat zur Folge, dass die Wahlen viel stärker personalisiert sind und die Wähler die Kandidaten meistens persönlich kennen. In Städten über 20.000 Einwohner sowie in Landkreisen und Woiwodschaften wird in Mehr-Mandatskreisen gewählt und die Stimmen werden nach dem d’Hondtschen System errechnet. Bei kleinen Mandatskreisen (fünf bis acht Mandate in den Gemeinden, drei bis zehn in den Kreisen und fünf bis 15 in den Woiwodschaften) gilt formal die Fünf-Prozent-Hürde, tatsächlich aber muss eine deutlich höhere, sogar zweistellige, Unterstützung eingeholt werden, um bei der Aufteilung der Mandate eine Rolle zu spielen. Das ist ein Vorteil für die stärksten Player, v. a. für die Parteien (daher ihre stärkere Position in den Regionalparlamenten, in Städten und Landkreisen), erschwert aber insbesondere den kleineren lokalen Gruppierungen den Eintritt in die Räte, was dennoch vielen von ihnen gelang.

Nur Gewinner, ein Verlierer

Bei den Kommunalwahlen können gewöhnlich die Politiker aller Parteien einen Erfolg verkünden, denn jeder gelingt es, etwas zu erlangen. Die größten Parteien werden in einigen Regionen regieren, der Dritte Weg wird in vielen Regionalparlamenten Koalitionspartner sein, die Linke wiederum errang bzw. hielt die Position des Stadtpräsidenten in einigen Städten. Die wichtigste Frage war allerdings die nach der Unterstützung für die größten Parteien. Die Kommunalwahlen haben die Stimmung der Parlamentswahlen im Oktober 2023 bestätigt und die Parteien haben ihre Unterstützung aufrechterhalten, wobei die Linke hier der Verlierer ist, da sie einen deutlichen Verlust verzeichnete und auf allen Ebenen (abgesehen von einigen Ausnahmen) an den Rand gedrängt wurde. Für die PiS war dagegen wichtig, dass sie die Unterstützung halten und ihre Strukturen nach dem Verlust der Regierungsverantwortung konsolidieren konnte. Das ist umfassend gelungen, denn der Besitzstand bleibt in großem Umfang bestehen, trotz kleinerer Verluste. In dieser Situation wird sich Parteichef Jarosław Kaczyński sicherlich nicht in Rente begeben (entgegen der Stimmen mancher, auch rechtskonservativer, Kommentatoren und Politiker), da es ihm gelang, die PiS zu einem weiteren Sieg zu führen. Die führenden Akteure der KO hatten mit mehr gerechnet, hatten sie im Wahlkampf doch sogar von einem Sieg in allen Woiwodschaften gesprochen. Ein großer Erfolg ist mit Sicherheit, dass die KO die Räte der größten Städte dominiert und viele Stadtpräsidenten und Bürgermeister stellt. Besonders wichtig waren die Wahlen in Warschau, die die große Popularität von Rafał Trzaskowski bestätigten und ihn in eine komfortable Position für den Präsidentschaftswahlkampf in Polen 2025 versetzen. Der Dritte Weg hat sein Kooperationsformat und seine Position auf der Ebene der Regionen gestärkt, doch ihren Anführern könnte der Mandatsverlust in den Landkreisen Sorgen bereiten, zumal diese Ebene besonders für die PSL wichtig ist. Für die Konföderation waren die Wahlen ein wesentlicher Schritt für die Entwicklung und Stärkung ihrer Strukturen in der Fläche. Auch wenn in den Kommunalwahlen lokale Angelegenheit am wichtigsten sind, die häufig keine ausgeprägt politische Färbung haben, drücken die polnische Landespolitik und die in ihr bestehenden Teilungen ihnen ihren Stempel auf. Sichtbar wird dies an der abermals bestätigten Teilung in einen liberalen Nordwesten und einen konservativen Südosten, aber noch wichtiger an der Polarisierung von Stadt und ländlichem Raum, wo die beiden größten Konkurrenten jeweils ihre Bastionen haben.

Da die Kommunalwahlen zwischen weiteren Wahlen in Polen stattfanden, haben sie in der Gesellschaft keine so großen Emotionen geweckt wie die Parlamentswahlen im Oktober 2023. Dies zeigte sich in einer deutlich niedrigeren Wahlbeteiligung, sowohl im Vergleich zu den Parlamentswahlen als auch den Kommunalwahlen 2018. Sie betrug dieses Jahr 51,94 Prozent im ersten Wahlgang und 44,06 Prozent in der Stichwahl. Das ist einerseits überraschend, denn die kommunale Selbstverwaltung sind die regierenden Gremien, denen die Polen am meisten Vertrauen entgegenbringen. Andererseits kann man bei den Kommunalwahlen nur an seinem Wohnort seine Stimme abgeben, was zur Folge hat, dass diejenigen, die nicht vor Ort sind, nicht wählen gehen können.

Der Wahlkampf und die Emotionen rund um die Kommunalwahlen sind kaum verflogen, da beginnt schon der Wahlkampf für das Europaparlament, der zwar anderen Regeln folgt, aber sicherlich ein Kräfte absorbierendes Gefecht wird.

Übersetzung aus dem Polnischen: Silke Plate

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Der Umbau der polnischen Justiz

Von Marta Bucholc, Maciej Komornik
Die seit Ende 2015 in Polen amtierende nationalkonservative Regierungspartei PiS hat faktisch die Gewaltenteilung aufgehoben. Mit einer Welle neuer Gesetze hat sie erst das Verfassungsgericht ausgeschaltet und dann wider die Verfassung nahezu die gesamte Justiz unter die Kontrolle der Exekutive gestellt. Sie hat die Institutionen des Rechtsstaats diskreditiert, ihr nicht genehme Richter aller Instanzen und Gerichtszweige als Mitglieder eines post-kommunistischen Klüngels diffamiert und auf der Basis der neuen Gesetze die Unfolgsamen entlassen. Bei der Berufung der Nachfolger spielt die Regierungspartei erstmals seit 1989 wieder eine zentrale Rolle. Ganz im Sinne der Ideologie der PiS ist an die Stelle pluralistischer Machtverteilung ein starker Staat getreten, der vorgibt, im Namen des Volks zu handeln.
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Halbzeitbilanz der Regierung Tusk

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Zwei Jahre nach ihrem Amtsantritt im November 2007 sitzt die Regierungskoalition aus Bürgerplattform (Platforma Obywatelska – PO) und Polnischer Bauernpartei (Polskie Stronnictwo Ludowe – PSL) relativ fest im Sattel. Vorerst deutet nichts darauf hin, dass die Opposition in Gestalt von Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS) und der Demokratischen Linksallianz (Sojusz Lewicy Demokratycznej – SLD) bei der Parlamentswahl im Jahr 2011 in der Lage sein könnte, die Machtverhältnisse umzukehren. Auch ein Sieg von Ministerpräsident Donald Tusk bei der Präsidentenwahl 2010, sollte er tatsächlich antreten, scheint möglich. Alle bisherigen Meinungsumfragen sprechen dafür, dass die Wähler keinen Machtwechsel wollen – und dies, obwohl Tusk und die PO bei weitem nicht alle Versprechen erfüllt haben, die sie im Wahlkampf 2007 gegeben hatten. Mehr noch: von dem bürgerlich-demokratischen Aufbruch, der sich mit der Wahl 2007 andeutete, ist kaum noch etwas zu spüren. (…)
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