Macht ohne Besinnung

Von Tadeusz Sławek (Schlesische Universität, Kattowitz)

Was ist das Böse, das über dem polnischen Leben wie eine dunkle Wolke hängt? Oder ist »das Böse« hier nicht ein zu starker Begriff? Aber wie soll man ihn vermeiden, wenn sich in unser öffentliches und privates Denken und den Alltag Angst eingeschlichen hat? Wenn wir nicht in der Lage sind, unsere Beunruhigung zu benennen, zu beschreiben, zu korrigieren, öffnen sich mit Sicherheit die Türen zu dem Bösen. Wer der Angst nicht ins Gesicht sieht, lädt dunkle Kräfte ein. Wer seinen Ängsten nicht Ausdruck verleiht, der wird eines Tages in einer Welt aufwachen, in der die Angst nicht die Störung der Norm ist, sondern selbst zur Norm wird.

Heute empfinden ja viele von uns, uns Bürgern, eine Beunruhigung. Sie resultiert aus dem gewaltsamen Zerfall der Regeln, Prinzipien und Institutionen, die bisher nicht nur im rechtlichen Sinne eine Barriere vor der Beunruhigung darstellten, sondern vor allem aus der von uns gelebten Überzeugung heraus von der sich aus einem anständigen und verständlichen Verfahren ergebenden Ordnung.

Diese Barriere war vielleicht eine »theoretische«, vielleicht eine »weit entfernte«, dennoch stellte sie die letzte Verteidigungslinie eines jeden von uns dar. Es freut mich, dass dies die politische Gruppierung Gemeinsam (Razem) verstanden hat, die nach einer Reihe von leichtfertigen Äußerungen zum Thema Verfassungstribunal zugab, dass das, was um diese Institution herum geschieht, eine von der Regierung ausgehende Eskalation einer Krise »um der parteibezogenen Kalkulation willen« von »dramatischen Konsequenzen für die Autorität des Staates« ist. Mit ihrem Verhalten und ihrer Art und Weise Politik zu betreiben, öffnet die gegenwärtige Regierung dem Bösen Tür und Tor mit schwer vorhersehbaren Folgen.

Der sich verschärfende Konflikt um das Verfassungstribunal und insbesondere die Gestalt, die die ihn begleitende Rhetorik annimmt, zeigt deutlich, dass das, was Adrian Zandberg von Gemeinsam in der zitierten Aussage als »parteibezogene Kalkulation« benannte, der offensichtlichste Grund zur Beunruhigung ist. Es geht nicht darum, dass Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS) in ihrer Politik der Aneignung von Posten keine Vorgänger gehabt habe, das machten auch die anderen Regierungen; aber nie waren die Art und Weise und das Tempo dieses Prozesses so ungestüm und der Machthunger und die Gier nach Posten so offensichtlich und so zerstörerisch für das Gemeinwesen.

Das Neuartige, das über Nacht von der gegenwärtigen Regierung eingeführt wurde, beruht darauf, dass sie ihr Tun (häufig rechtlich und moralisch zweifelhaft) als unumstößlichen Triumph des Guten darstellt. Der »gute Wandel« kam nicht aus dem Nirgendwo. Er ist die Zusammenfassung der Ideologie, die die Quelle unserer Ängste ist. So, wie die Regierung von Bürgerplattform (Platforma Obywatelska – PO) und Polnischer Bauernpartei (Polskie Stronnictwo Ludowe – PSL) vollkommen ideologielos war und in der zweiten Wahlperiode schlicht und einfach gedankenlos, haben die Bürger jetzt nicht nur die »Ideen«, sondern auch die »Denkweise« erhalten, mehr noch, die einzig richtigen »Ideen« und »Denkweise«, und weil man niemals zögern darf, dieselben zu verbreiten, ergibt sich die Eile nächtlicher Beratungen, Abstimmungen und Vereidigungen. Indessen fürchtet die Macht nicht die Dunkelheit. Das Problem liegt darin, dass die gegenwärtig herrschende Macht selbst dunkel ist und eine ebensolche Dunkelheit um sich verbreitet. PiS und seine Regierung begehen die ernsteste Zerstörung des Staates seit seiner Gründung im Jahr 1989.

Daraus ergibt sich die erste Lehre: Wenn wir uns berechtigt über eine Politik ohne Vision beklagen, sollte das nicht bedeuten, dass wir, um den Lauf der Dinge umzukehren, diejenigen wählen sollen, die uns mit irgendeiner, sicherlich uns viel versprechenden Vision zu bezaubern versuchen. In der Konsequenz ergibt sich daraus die zweite Lehre: Wir müssen viel Mühe darauf verwenden (auch oder vielleicht sogar vor allem erzieherische), zu lernen, gemeinsam über öffentliche Ideen und Tugenden vernünftig (und nicht parteilich) zu sprechen (wer macht das heute?), – um eine Bezauberung durch trügerische Scheinideen zu vermeiden, die nicht selten (siehe Nationalismus) bedrohliche Folgen zeitigen. Das ist die Pflicht aller Lehrer und Erzieher, eine Pflicht, die von unserer heutigen »markttauglichen« und »praxisorientierten« Schule vollständig vernachlässigt wird. Die Aktivitäten von PiS zerstören nicht nur den Staat, sondern die Idee selbst, ein Staatsbürger zu sein.

Das ist eine Einladung zum Bösen, versendet im Namen des »guten Wandels«: Für die herrschende Ideologie ist das Ziel des Handelns nicht diese oder jene Idee, die (vielleicht nicht grundlos) als »falsch« erachtet werden könnte, das Ziel ist die rücksichtslose Zerstörung desjenigen, der diesen Zweifel verbreitet. Ich führe das Böse dann in die Welt ein, wenn ich sage: »Du bist der Böse.« Ohne Rücksicht auf irgendetwas, ohne tiefer gehende Begründung und Beweise werden heute die Rollen der Sünder und der Schuldigen verteilt, um das eigene Bild von der Welt zu sanktionieren. Die letzte Schicksalswende Lech Wałęsas [die Beschuldigung, in den 1970er Jahren ein informeller Mitarbeiter des Geheimdienstes gewesen zu sein – d. Red.], der ein Held ist und bleibt, ist ein schmerzhaftes Beispiel dafür. Shakespeare brachte dies prophetisch in »König Lear« zum Ausdruck. […] Die zweite Lehre: Wenn die ideologische und parteigebundene Räson ins Spiel kommt, kommt es früher oder später zur brutalen Instrumentalisierung der scheinbar »reinen« und »interesselosen« Wahrheit. Je mehr sich die Parteiideologen und -funktionäre bemühen, »in der Wahrheit zu bleiben«, desto größer sollte unsere Angst sein, dass es hier nicht um die Wahrheit geht, sondern um Interessen und Gefälligkeiten auf Bestellung. Hier wissen wir das Genie Shakespeares zu schätzen: Wir erfahren, dass es dem Herzog von Cornwall im Grunde egal ist, ob die überbrachte Nachricht wahr ist oder nicht. Sie ist ja nur eine Ware auf dem politischen Markt und hat ihren Preis: »Wahrheit oder Lüge, dank dessen wurdest du Graf von Gloucester«, bekennt er Edmund unter Bezeugung seine Dankbarkeit. Niemand hat das Wesen verkommener Politik besser getroffen.

Daraus ergibt sich für uns die dritte Lehre: Wenn sich jemand die Rolle des Souveräns mit unbeschränktem Appetit zuschreibt, der ihm gebietet, sogar die Gestalt dessen, was war, zu verändern (den »neuen« Helden Rollen zu schreiben, ist eine Standardaufgabe der aktuellen Regierung), wird er diese Ambitionen nur verwirklichen können, indem er unermüdlich bei allen um sich herum spaltet und polarisiert. Jean Starobinski, einer der geistigen Väter des modernen Europa, warnt vor der »Einstellung der Unruhestifter, die sich für rein und makellos halten, weil sie anderen die Laster anhängen«.

Wenn das so ist, kommen wir daraufhin zur vierten Lehre: Wir haben die moralische Pflicht, gegen die »Unruhestifter« zu protestieren und ihre Sprache, die diejenigen verunglimpft, die anders denken. Wenn die Abgeordnete Pawłowicz ausruft, dass das Verfassungstribunal »die Menschen betrügt«, Vizeminister Jaki kundtut, dass eine Sitzung des Verfassungstribunals »ein Treffen bei Kaffee und Kuchen« sei, wenn Justizminister (!) Ziobro ausführt, dass sich die Richter versammelten, um zu versuchen, etwas » auf unfähige Art und Weise zu tun«, wenn der Abgeordnete Żalek von denen faselt, die nicht zur Nation gehören, weil sie aus nicht entsprechenden Kreisen stammen, dann darf man das nicht verschweigen. In einem Land, das tatsächlich die Rechte der Bürger respektiert, beleidigen und erniedrigen solche Aussagen alle Bürger (auch oder vielleicht sogar vor allem die, die nach Meinung der Machthaber aus den wahren Traditionen stammen).

Die Einladung zum Bösen trägt auch die Unterschrift der Rache. Die Einwirkung dieser Signatur ist besonders feindselig, weil die Quelle der Rache die Selbstvergessenheit ist, während in der Politik das Prinzip der Besinnung leuchten sollte. Die Besinnung schließt das Gefühl der Verletzung oder der Trauer darüber, was in der Vergangenheit geschah, nicht aus. Gleichzeitig markiert die Besinnung die Grenze, bis zu der ich in bestimmtem Maße meinen eigenen Ressentiments Rechnung tragen darf. Wenn ich sie überschritten habe, werde ich nur noch mir selbst und anderen schaden. Mit der Selbstvergessenheit verhält es sich schlichtweg anders: Die hoffnungslose Verstrickung in sich selbst, in das eigene Ich, aus dem es keinen Ausweg gibt außer dem, dass allen das Bild der Welt als umfassende Erzählung von meinem Leid auferlegt wird, das ich auch zu eurem Leid mache. Nicht mehr für eure und unsere Freiheit, sondern für mein und euer Leid.

Deshalb zerstört die Selbstvergessenheit das Gemeinwesen, reduziert es auf die Phantasmen einer Person. Deshalb werden wir uns in Smolensk-Kommissionen und -Unterausschüssen verstricken, es muss ja die Richtigkeit der Phantasmen des Führers nachgewiesen und sein Zorn gerechtfertigt werden. Der Zorn über dem Gesetz und die Stärke als Recht (wir haben schließlich die Mehrheit, also müssen wir auf niemandem Rücksicht nehmen) – das sind die Folgen der Selbstvergessenheit. […]

Die fünfte Lehre, die sich aus unseren Überlegungen ergibt, wäre folgende: Der Aufruf zur Besinnung ist heute unabdingbar und es bedarf einer großen, langfristigen, gemeinsamen Anstrengung, damit er Wirkung zeitigt. Die Aufgabe staatsbürgerlicher Politik besteht heute also darin, einen Raum zu schaffen, wo die Machthaber zur Besinnung kommen können. Wenn sie nicht wollen, muss man sie dazu zwingen. Die Aktivitäten des Komitee zur Verteidigung der Demokratie (Komitet Obrony Demokracji – KOD) geben Anlass zur Hoffnung; anders als die Vertreter der Regierung sagen verwendet es nicht die »Sprache des Hasses«, es ist nicht gegen sie gerichtet, sondern gegen den erschreckenden Machtmissbrauch. Das Vorgehen der Opposition entmutigt, statt der Politik der Besinnung schlagen die PO und Die Moderne (Nowoczesna) uns Übungen in Selbstvergessenheit vor. Die Aufdeckung von Steuererklärungen sowie von Informationen über bezahlte Urlaube von Regierungsvertretern ist nichts anderes als das, was die Regierung eben erwartet – das schwerfällige Tappen auf einem gut ausgetretenen Weg.

Ist das Böse einmal eingeladen worden, verlässt es seinen Gastherrn nicht gern. Es argumentiert, dass es dies nicht machen kann, weil es selbst zum Hausherrn geworden ist, wenn es einen Raum in Beschlag genommen hat. Die Realität des harten Kampfes um Wählerstimmen berücksichtigend, in dem einander widersprechende Ansichten und Versprechen aufeinandertreffen, stelle ich mir vor, dass grundsätzlich nach der Beendigung einer Wahl und der offiziellen Bekanntgabe der Wahlergebnisse von der Sprache des Kampfes in die Sprache der Einladung umgeschaltet wird. Die auf ihre gute Ordnung und ihren Rechtsfrieden (pax iustitiae) achtende Gesellschaft lädt auf der Grundlage ihrer eigenen Entscheidungen eine bestimmte Gruppe von Politikern ein, die Regierungsmacht auszuüben. Nie ist es so, dass alle jene Wahl der Gäste mit Enthusiasmus aufnehmen, aber mit Sicherheit möchten alle die Ordnung, die der Gastfreundschaft eigen ist, achten.

Ich kann mich nicht des Eindrucks erwehren, dass dies in Polen eine einseitige Bemühung ist. Wenn die Regierung mehrmals am Tag wiederholt, dass sie »das Mandat besitzt« (besitzt und nicht hat, wobei »besitzt« allem sofort den Anstrich der Autorität und des Offiziellen verleiht), die Regierungsmacht auszuüben, erweckt sie den falschen Eindruck, dass die ihr gewährte Unterstützung wenn nicht total, so doch jedenfalls ausreichend war, um all diejenigen zu übergehen, die sie nicht unterstützt hatten. Allerdings ist dies – so die Ansicht von Soziologen – eine überaus zahlenstarke Gruppe, sie liegt bei 70 Prozent. […]

Dies ist die sechste Lektion: Es muss alles, was möglich ist, getan werden, um gemeinsam solche Bedingungen der öffentlichen Dienste herzustellen, dass die Politiker Gäste und nicht Parasiten der Gesellschaft sind. Zurzeit ist deutlich zu sehen, dass die aktuellen Machthaber Besitzerfunktion übernommen haben und auf Schritt und Tritt die Regeln der Gastfreundschaft als Bedingungen eines guten Gemeinwesens brechen, ebenso die Regeln gewöhnlicher Höflichkeit und Anständigkeit.

Die siebte Lehre: Schauen wir auf das Vorgehen der Regierung und finden wir Verbindungen zwischen den einzelnen Entscheidungen. Die Abneigung von PiS gegenüber Flüchtlingen ist nur die Verlängerung einer tiefen Abneigung, mit der sie eine hohe Prozentzahl der Bürger des eigenen Landes beschenkt. Wer seinem Nachbarn sagt, er sei ein Bürger zweiter Klasse, wird nicht in der Lage sein, den zu begreifen, zu verstehen und dem zu helfen, der eine andere Sprache spricht und sich zu einem anderen Gott bekennt.

Es herrscht also die Politik der »verriegelten Tore« […], was eine eigene Form der oben beschriebenen Selbstvergessenheit (in Phobien und Ressentiments) darstellt. Das, was uns die aktuelle Regierung mit ihrer aufdringlichen und archaischen Geschichtspolitik vorstellt, ist im Grunde nichts anderes als eine Re-Vision, die Abwendung von der Zukunft, um aufs Neue das zu öffnen, was vergangen ist. Wir werden also die Lektion der Aufstände und von Smolensk wiederholen und historisch nachgestellte Gruppen marschieren tapfer durch die Wälder auf den Pfaden der verfemten Soldaten [Begriff für Einheiten, die bis in die 1950er Jahre gegen die kommunistische Macht im Untergrund kämpften – d.Red.]. Bestimmt, um unsere Fehler zu verewigen, insbesondere die blutigen, denn auf Blut – so wird uns eingebleut – gründet sich die Nation.

Die achte Lehre heißt daher kurz: Man muss die Warnung von Marcin Król [poln. Philosoph und Ideenhistoriker, geb. 1944 – d. Red.] in Erinnerung behalten, dass der Nationalismus ein hervorragendes Instrument ist, um Stimmen zur gewinnen. Aber man darf auch nicht vergessen, dass er mühelos Dämonen mobilisiert, die sich dann schwer beherrschen lassen. Diese Dämonen laufen bereits in Polen um, was zum Beispiel durch eine Aufzeichnung aus einer Straßenbahn in Posen deutlich wurde, als eine Gruppe national aussehender Halbwüchsiger einen Fahrgast beleidigte und ankündigte, dass sie in Kürze die Macht übernehmen würden und es dann erst anfinge. Die Unruhe vor den durch die Majestät von Jasna Góra [nationalistisch-rassistisch aufgeladene Fußballfangruppen lassen sich dort »einsegnen« – d. Red.] geheiligten Nationalisten-Dämonen ist keine ausgedachte Unruhe.

Die entfaltete Begründung dieser These ist die neunte Lehre: Angesichts der verbreiteten Verwendung des Adjektivs »national« ist es unsere Pflicht, Vorsicht bei seinem Gebrauch walten zu lassen. Nicht, um seine Bedeutung in Frage zu stellen, sondern um diese vor der zerstörerischen Inbesitznahme durch eine Partei und einen Denkstil zu retten. So verwendet, beginnt der Begriff ausschließlich zu spalten. Die Fragen, wer oder was die Nation sei, wer sie darstellt, auf welchen Rechten und im Bewusstsein welcher Pflichten, was die über den Nationsbegriff hinausgehenden Fundamente der Gesellschaft seien, sollten im Schulunterricht und in den Universitätsseminaren auftauchen. Sie sind zu wichtig, um sie den Manipulationen der in ihrer ideologischen Gier verantwortungslosen Politiker zu überlassen.

Es heißt, die Moderne entstand aus der Melancholie. Der mit der edlen Herkunft der griechischen Medizin beschenkte Begriff zieht durch die Schriften der Philosophen. Fragen wir nur, ob die aktuell betriebene Politik nicht unter dem Zeichen Saturns steht, dieses uralten Patrons der melancholischen Wesensart. Auch dieser Gott hat seine guten Seiten, immerhin hat er das Patronat über die Landwirtschaft und die Ernte und Sämereien inne. Er kümmert sich um die Geschichte. Aber nachdem er eine bestimmte Grenze überschritten hat, wo Freiheit und Phantasie vergessen werden, wird er mörderisch, kühlt alles mit einem eisigen Blick, der allen die eine verpflichtende Denkweise auferlegt. Der Patron und Schöpfer der saturnischen Politik (ist das nicht die Rolle Jarosław Kaczyńskis?) ist also ebenso der Mentor und der alte Weise wie die lange Schatten werfende bedrohliche Verkörperung von Komplexen und Phobien, die er so zu ordnen bestrebt ist, dass diese Ordnung ausnahmslos die gesamte Wirklichkeit umfasst. […] Wenn wir hören, wie immer wieder gar nicht alte PiS-Politiker auf beliebige Fragen Sätze hervorbringen, die die Urteile des Vorsitzenden wiederholen, – beweist das nicht die Allgegenwart des kalten Blicks der negativen Seite Saturns?

Die zehnte und letzte Lehre könnte also so lauten: Lasst uns gemeinsam überlegen, das heißt ohne jemanden auszuschließen, wie wir es in die Wege leiten können, dass sich unsere Politik und unser öffentliches Leben geistig verjüngen, wobei wir das Vorbild der positiven alten Weisen (die also nicht mit ihrer Macht lähmen) bewahren wollen, die nicht – wie jetzt – den Menschen das Recht auf selbstständige kritische Reflexion absprechen. So dass sie eine heilsame Distanz sich selbst gegenüber haben, ihrem Ich und den ihm eigenen Forderungen. Jarosław Kaczyński, vergraben in seine Traumata und historische Phantasien, die er dem ganzen Land aufzuerlegen sich bemüht, entbehrt dieser Distanz auf klinische Weise. Doch erst eine solche Distanz eröffnet den Raum, in dem die wohlwollende Aura des Kompromisses und Verständnisses entsteht. Beides sind Phänomene, die uns so notwendig wie die Luft zum Atmen sind. Sogar das Lächeln (heute kraft des eisigen Blicks des Vorsitzenden aus dem Gesicht der Macht getilgt oder durch ein höhnisches Grinsen ersetzt) ist in dieser Aura möglich und nichts Beschämendes.

Quelle: Wyrocznia bez opamiętania. In: Tygodnik Powszechny Nr. 12 (20.03.2016). S. 28–31, mit freundlicher Genehmigung.

Übersetzung aus dem Polnischen: Silke Plate

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