Aktuelle Ausgabe der Russland-Analysen
Neue Chronik-Einträge
| Russland | 04.12.2025 | Ein Gericht in der Oblast Moskau verurteilt den 34‑jährigen Physiker Artjom Choroschilow wegen Hochverrats, Angriffen auf kritische Infrastruktur, Besitzes von Sprengstoff und Sabotageabsicht zu 21 Jahren Strafkolonie mit strengem Haftbedingungen, nachdem die Staatsanwaltschaft 25 Jahre gefordert hatte. Choroschilow war im Dezember 2023 festgenommen worden; ihm wird vorgeworfen, im Interesse der Ukraine DDoS‑Attacken auf russische Infrastruktursysteme – darunter 2022 auf die Server der russischen Post –, Geldüberweisungen an die ukrainische Armee und das Sammeln sensibler Militärinformationen organisiert zu haben, was er nur teilweise einräumt. Hochverrats‑ und Spionageverfahren haben seit Beginn der Großinvasion gegen die Ukraine stark zugenommen in Russland: Allein im ersten Halbjahr 2025 verhängen russische Gerichte laut Analysedaten 224 einschlägige Schuldsprüche gegen 232 Angeklagte, gegenüber 167 Verurteilungen im Jahr 2023 und 143 in der ersten Hälfte 2024. |
| Russland | 04.12.2025 | In Tschetschenien treffen ukrainische Drohnen den Wolkenkratzer-Komplex „Grosny City“. Das tschetschenische Innen- und Verteidigungsministerium meldet zwar die Abwehr von 41 Drohnen, erwähnt die Schäden in Grosny aber nicht; die zivile Luftfahrtbehörde Rosawiazija sperrt in der Nacht mehrere Flughäfen im Nordkaukasus. Es ist der zweite Drohnenangriff auf Ziele in Tschetschenien innerhalb einer Woche: Bereits in der Nacht auf den 02.12.2025 waren ein FSB-Gebäude in Atschchoj-Martan und das Innenministerium im Gudermes-Bezirk getroffen worden, zudem berichten Medien am selben Tag von Bränden nach Drohnentreffern auf eine Raffinerie in Sysran und den Hafen von Temrjuk im Krasnodarer Kraj. |
| Russland | 04.12.2025 | Laut einer Statistik des russischen Innenministeriums wurden in den ersten zehn Monaten des Jahres 2025 44.000 schwere Straftaten von organisierten Banden verübt. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist dies ein Anstieg um 33,6 %. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2025 wurden in Russland 333.251 schwere oder besonders schwere Straftaten registriert und damit 10,4 % mehr als im Vorjahr. Dies ist der höchste Wert der vergangenen 15 Jahre. In der Zeit von 2010 bis 2018 hatte es einen Rückgang schwerer Straftaten um rund 70 % gegeben. 2018 wurden etwa 220.000 Fälle registriert. Die Gesamtzahl der aufgedeckten Straftaten sinkt 2025 dagegen das vierte Jahr in Folge. Im ersten Halbjahr wurden rund 940.500 Fälle registriert und damit der niedrigste Wert seit 16 Jahren. Das Innenministerium gibt außerdem bekannt, dass aus dem Krieg gegen die Ukraine zurückgekehrte Soldat:innen in den vergangenen drei Jahren rund 750 Menschen getötet oder verletzt haben. |
| Russland | 06.12.2025 | In der Nacht greifen ukrainische Drohnen erneut Ziele tief im russischen Hinterland an und treffen u. a. die Lukoil-Raffinerie in Wolgograd, eine der größten im Süden Russlands, sowie die Großkraftwerksanlage im Gebiet Kostroma; in der Region Wolgograd wird ein 48‑jähriger Zivilist in einem Wohnhochhaus durch Splitter getötet. Nach Angaben des Gouverneurs Andrej Botscharow lösen Trümmerteile einen Brand auf einem Industrieareal im Umfeld der Raffinerie aus. In Wolgoretschensk veröffentlichen unabhängige Medien Bilder eines Brandes im Gasverteilungsbereich des Kostroma-Heizkraftwerks, was auf Treffer durch mindestens zwei Drohnen schließen lässt, während die Regionalbehörden Schäden einräumen, aber keine Versorgungsunterbrechungen melden; die Zivilluftfahrt setzt zeitweise Flüge an 13 russischen Flughäfen aus. Nach Angaben Kyjiws wurden im November 2025 insgesamt so viele Schläge gegen russische Ölraffinerien geführt wie nie zuvor im Krieg, betroffen sind u. a. Anlagen in Baschkortostan, in der Region Nischni Nowgorod und bei Jaroslawl, außerdem Heizkraftwerke und Umspannwerke etwa in Orjol und Wladimir; der ukrainische Geheimdienstchef spricht von über 160 Angriffen auf Öl-Infrastruktur seit Jahresbeginn, westliche Analyst:innen schätzen, dass inzwischen 16 große Raffinerien und damit rund 38 Prozent der russischen Verarbeitungskapazität beeinträchtigt sind und die Raffinerieauslastung um etwa 500.000 Barrel pro Tag gesunken ist. |
| Russland | 06.12.2025 | Der russische Präsident Wladimir Putin und sein indischer Amtskollege Nerendra Modi vereinbaren auf einem Treffen auf dem 23. Indien-Russland-Gipfel in Neu-Dehli die Steigerung des jährlichen Handelsvolumens bis zum Jahr 2030 um 100 Milliarden Dollar. Die Zusammenarbeit soll unter anderem vertieft werden im Bereich Kernenergie und bei der Förderung seltener Erden. Der Sprecher des russischen Präsidenten, Dmitrij Peskow, bestätigte, dass auch die Lieferung russischer Luftabwehrsysteme ein wichtiges Gesprächsthema gewesen sei. Westliche Länder werfen Indien vor, trotz des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine weiterhin russisches Öl zu kaufen. Die USA verhängten deshalb im August Strafzölle in Höhe von 50 % auf Importe aus Indien. |
Über die Russland-Analysen
Die Russland-Analysen bieten regelmäßig kompetente Einschätzungen aktueller politischer, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Entwicklungen in Russland. Sie machen das Wissen, über das die wissenschaftliche Forschung in reichem Maße verfügt, für Politik, Wirtschaft, Medien und die interessierte Öffentlichkeit verfügbar. Autoren sind internationale Fachwissenschaftler und Experten.
Die Redaktion der Russland-Analysen freut sich, dekoder als langfristigen Partner für die Bereitstellung von Übersetzungen russischer journalistischer Analysen gewonnen zu haben. Auf diesem Wege möchten wir helfen, die Zukunft eines wichtigen Projektes zu sichern und dem russischen Qualitätsjournalismus eine breitere Leserschaft zu ermöglichen. dekoder.org verbindet zwei Content-Typen, die sich gegenseitig ergänzen: übersetzte Originalbeiträge russischer Medien und Erklärtexte von Wissenschaftlern aus europäischen Universitäten. Beide greifen auf dekoder.org ineinander und stellen so ein Instrument zur Verfügung, um „Russland zu entschlüsseln“ und ein direktes Eintauchen in die Debatten des Landes zu ermöglichen.
Die Russland-Analysen werden gemeinsam von der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen, dem Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien, der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde, dem Deutschen Polen-Institut, dem Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien und dem Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung herausgegeben.
Frühere Ausgaben der Russland-Analysen ab 2003 finden Sie im Archiv.
